16. Juli 2020
Geschrieben von: Max Lehmann

Ist Dein Handwerksberuf in Zukunft sicher?

Welche Gewerke haben eine sichere Zukunft vor sich, welche sind vom stetigen Wandel und Innovationen bedroht? Wir geben Dir einen Ausblick und erklären, warum jeder Handwerksbetrieb zukünftig eine Chance haben kann.

Neue Technologien und Maschinen im Zuge der Digitalisierung im „Handwerk 4.0“, wie der Internetvertrieb von Dienstleistungen, Handwerker-Apps, 3D-Drucker, automatisierte CNC-Fräsen und Arbeitsroboter verändern die Arbeitswelt und werden dies auch in Zukunft tun. Mancher betrachtet die technischen Neuerungen mit Skepsis, fürchtet sich vor neuen (digitalen) Anforderungen oder bangt um seinen Betrieb beziehungsweise seinen Arbeitsplatz. Das muss jedoch nicht sein. Wer die Zukunftsfähigkeit seines Gewerkes feststellen möchte, darf nicht danach fragen, ob er durch automatisierte Technologien verdrängt wird.

Vielmehr muss sich die Frage darum drehen, wie der jeweilige Handwerksberuf in Zukunft bestehen kann. Denn die meisten Innovationen können dafür genutzt werden, einfache monotone Arbeitsschritte zu automatisieren, damit mehr Zeit für das kreative Handwerk bleibt. Allerdings lassen sich heute schon Gewerke erkennen, die von der gesellschaftlichen und digitalen Entwicklung profitieren könnten.

Mehr Technik im Alltag bedeutet mehr Arbeit für das Elektrohandwerk.

Ob Photovoltaik, Elektromobilität, Beleuchtungssysteme oder andere Technik im Haus und Büro – die Elektrotechnik erobert unseren Alltag. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen, was letztendlich den Gewerken im Elektrohandwerk zugutekommt. Zum einen durch die Nachfrage von innovativen Haussystemen, die für die Gewinnung von erneuerbaren Energien oder die Einsparung des Energieverbrauchs zuständig sind. Hier können sich Betriebe auf private sowie geschäftliche Kunden spezialisieren. Zum anderen durch das Aufkommen von Elektrofahrzeugen: Hier entstehen Chancen an der Technik des Autos selbst sowie an den benötigten Ladesäulen, die in den kommenden Jahren ausgebaut werden sollen.

Zudem erfreuen sich Kunden zunehmend an kompletten Systemen, wie zum Beispiel im Bereich Beleuchtung. In Zukunft wird die Nachfrage nach smarten Beleuchtungssystemen steigen, die über Touchscreen oder Smartphone bedienbar sind. Das sind nur einige Beispiele für die künftigen Chancen im Elektrohandwerk, die sich allerdings auch in neuen Aufgabenbereichen und Kompetenzen niederschlagen.

Knapper Wohnraum eröffnet Chancen für das Baugewerbe.

... das Ziel von 350.000 Wohnungen in jedem Jahr bis 2020 ist nicht erreicht worden.

In deutschen Städten fehlt es zunehmend an Wohnraum. Zwar sind viele neue Möglichkeiten geplant oder bereits fertiggestellt, doch das Ziel von 350.000 Wohnungen in jedem Jahr bis 2020 ist nicht erreicht worden. Hier entsteht Zukunftspotenzial für mehrere Handwerksberufe, wie zum Beispiel Dachdecker. Hauptsächlich profitiert das Baugewerbe in den Bereichen Hochbau, Tiefbau und Ausbau. Hierbei wird die Grundlage für neuen Wohnraum vom Hoch- und Tiefbau übernommen, während Ausbaugewerke wie Fliesenleger, Maler oder Stuckateure den Rohbau wohnlich gestalten.

Auch in diesen Bereichen werden neue Technologien die handwerkliche Arbeit unterstützen statt sie zu verdrängen. Als Blaupause dafür dienen bereits Kamerascanner, die automatisch Aufmaße mit dazugehörigen Materialaufwand erstellen.

Sanierungen und neue Gebäude spielen dem SHK-Handwerk in die Karten.

Werden neue Gebäude gebaut, sind zwingend Sanitär, Heizung und Klima-Installationen durchzuführen. Hier zeigt sich ein zunehmender Trend von Sanierungen und Modernisierungen von Hausbesitzern. Diese werten demnach die Immobilie langfristig, weshalb sich auch kostspieligere Anschaffungen lohnen können. Als Richtwert kann die Zahl der schätzungsweise 2 Millionen Heizungen dienen, die noch gar nicht saniert worden sind.

Zudem überaltert die Gesellschaft zunehmend, was zu einer steigenden Nachfrage von altersgerechten Sanitärbereichen führen kann. Außerdem lassen sich Verschmelzungen mit anderen Arbeitsfeldern von anderen Gewerken feststellen: Beispielsweise im Hinblick auf Photovoltaiksysteme, die auch zur Beheizung von Räumen dienen sollen.

Sichere Zukunft durch erweiterte Kompetenzen?

Ein gutes Beispiel für Berufe, die in Zukunft bestehen werden, wenn sie ihre Kompetenzen ausbauen, sind Handwerksbetriebe für den Innenausbau, wie Tischler oder Bodenleger. Durch gezielte Internetauftritte und Innovationen, wie 3D-Modelle oder Virtual Reality-Vorführungen, können die Berufsgruppen kundenorientierter arbeiten. So kann der Kunde vor der Fertigstellung eine virtuelle Blaupause betrachten oder auf der Website seine Idee anhand von Mustern umsetzen.

CNC-Fräsen oder Arbeitsroboter übernehmen zusätzlich monotone Fertigungsschritte, ersetzen aber nicht die handwerkliche Kreativität oder komplette Fertigungen. So können sich kleinere Betriebe immer noch mit individuellen Umsetzungen von großen Ketten absetzen. Außerdem besteht die Möglichkeit, neue Arbeitsfelder in das Angebot mit aufzunehmen. Wenn Tischler einzelne Stücke fertigen, könnte sich auch eine ganze Raumausstattung lohnen.

Traditionshandwerke werden es schwerer haben
Wenn in Zukunft mehr neue Technik zum Einsatz kommt, kann es sich für Betriebe lohnen, komplett auf Kunden zu setzen, die gerade "alte" Handarbeit wertschätzen.

Neben all den Chancen und Perspektiven für das Handwerk gibt es auch Gewerke, für die es möglicherweise in Zukunft schwieriger wird zu bestehen. Gerade Traditionshandwerke, die mit dem gesellschaftlichen Trend zu mehr Nachhaltigkeit und Effizienz in der Herstellung in Konflikt geraten, können in das Hintertreffen geraten. Darunter zum Beispiel Kirschner für die Fellverarbeitung, Instrumentenbauer oder Glasmacher. Hierbei spielt auch die Konkurrenz aus der großen Industrie eine Rolle, die mit billigeren Preisen lockt. Allerdings lässt sich für jedes Handwerk auch eine Chance durch Spezialisierungen festmachen. Wenn in Zukunft mehr neue Technik zum Einsatz kommt, kann es sich für Betriebe lohnen, komplett auf Kunden zu setzen, die gerade "alte" Handarbeit wertschätzen.

Dennoch ist ein Mindestmaß an Weiterentwicklung nötig, damit Handwerksberufe und ihre Betriebe auf dem Markt sichtbar bleiben. Dazu gehört beispielsweise ein adäquater Internetauftritt, um Kunden gezielter anzusprechen und nicht vergessen zu werden. Dazu kommen in vielen Gewerken neue Anforderungen auf die Handwerker zu – besonders in Bereichen von IT und digitaler Technik. Verpassen es Betriebe hier Schritt zu halten, könnten einige Berufsgruppen in Schwierigkeiten geraten.

Max Lehmann Redakteur @craftnote

Passionierter Schreiber und Student mit einem Fokus auf Themen zum Handwerk