Hans-Peter Trimborn
Hans-Peter Trimborn Senior Produktspezialist bei der DV Deutsche Verrechnungsstelle GmbH

Scoring und Rating verstehen und optimieren

In dieser Folge des DigiGuides befassen sich Hans-Peter Trimborn und Marion Kenklies mit dem Thema Scoring und Rating von Unternehmen und erklären, wieso das Thema für Deinen Handwerksbetrieb relevant ist.

Umfang: 10 min
Level: Digitalversteher
Kategorie: Rechnungswesen & Finanzen
Bewertung:

Was Du in dieser Lektion lernen wirst:

  • Was Scoring und Rating der Bonität von Betrieben bedeutet?
  • Welche Möglichkeiten Betriebe im Bereich Scoring und Rating haben?
  • Was passieren kann, wenn ein Betrieb schlechte Bewertungen bekommt?
  • Wie es gelingt die eigene Bonität des Betriebs zu optimieren?
  • Wie der eigene Betrieb vor negativen Einflüssen aus der Branche geschützt wird?
  • Welche Faktoren ein Bankenrating beeinflussen?

Banken tun es und Lieferanten auch. Gemeint ist das Scoring und Rating der Bonität von Unternehmen und ganzen Branchen. Wichtig werden diese Werte für Handwerksunternehmen beispielsweise bei der Vergabe von Krediten oder bei der Materialbestellung von Zwischenlieferanten. Je besser die Scoring- und Rating-Werte, desto höher ist die Erfolgschance. Doch wie funktioniert dieses System, was muss ein Handwerksunternehmer dazu wissen, welche Rolle spielt die Pandemie dabei und wie lassen sich die Werte optimieren? Unsere Experten setzen genau da an: Zum einen Hans-Peter Trimborn, Senior Produktspezialist bei der Deutschen Verrechnungsstelle GmbH in Frankfurt am Main. Und zum anderen Marion Kenklies, Juristin für das Handwerk mit Spezialisierung auf Unternehmensrecht.

Was Scoring und Rating der Bonität von Betrieben bedeutet

Das Scoring oder Rating-Verfahren wird beispielsweise von Banken, Unternehmen oder Versicherungen zur Einschätzung von Kunden benutzt. Zum einen für die Zahlungsfähigkeit (Bonität) der Kunden und zum anderen zur Risikoerwartung eines Zahlungsausfalls. Genau gesagt fließen beim Scoring persönliche wie auch wirtschaftliche Faktoren vom Kunden mit ein. Das wären bei Betrieben beispielsweise die Art der Betriebsführung sowie Bilanzen. Der Score am Ende der Analyse beeinflusst zum Beispiel die Konditionen der Materiallieferung und die Höhe des angestrebten Bankkredits. Dabei wird das Scoring zur Risikoeinschätzung häufig nicht nur von Banken, sondern auch von Unternehmen verwendet, wohingegen das Rating eher ausschließlich bei Banken zum Einsatz kommt. Durchgeführt werden die Analysen meist von Wirtschaftsauskunfteien.

Für Betriebe sind also gute Ratings und Scores wichtig, um die bestmöglichen Konditionen bei Krediten oder Materialzulieferern zu bekommen. Denn gibt es nicht genügend Daten über Unternehmen, greifen die Analysten auf ganze Branchenmittelwerte zurück. Steht die ganze Branche momentan etwas schlechter da, kann es das Potenzial des einzelnen Betriebes unterminieren.

Welche Möglichkeiten haben Betriebe im Bereich Scoring und Rating

Hier raten die Experten dazu, sich eine Übersicht über den eigenen Betrieb direkt bei den Wirtschaftsauskunfteien anzufordern. Beispielsweise bei “CrifBrügel” und “Creditreform”, die wie “Datenkraken” Daten über Branchen und Unternehmen sammeln. Danach lässt sich abschätzen, wie die drei wichtigsten Parteien beim Bewertungssystem - Banken, Zulieferer und Kunden - den eigenen Betrieb und deren Branche einschätzen. Anschließend kann in Gesprächen mit den Auskunfteien erfragt werden, was für Daten benötigt werden oder was getan werden kann, um die Bewertung zu verbessern.

Läuft in der Hinsicht alles reibungslos, können sich Handwerksbetriebe von der Branche abheben. Gerade in Zeiten von wackeligen Finanzanlagen durch die Corona-Pandemie oder knappen Materialien bei Zulieferern ist eine gute Bewertung Gold wert.

Was passiert wenn ein Betrieb schlechte Bewertungen hat

Experte Trimborn mahnt an der Stelle vor dramatischen Folgen: zum Beispiel schlechtere Preisangebote oder verzögerte Bestellungen bei Lieferanten, da andere Unternehmen bevorzugt werden. Im schlimmsten Fall verlangen Lieferanten bei künftigen Bestellungen Zahlungen per Vorkasse, da ihnen das Risiko eines Zahlungsausfalls zu hoch ist. Lieferfirmen würden es selten zugeben, solche Bewertungslisten zu führen, allerdings kommt heutzutage kein Großhändler und Betrieb um solche Ratings und Scores herum. Wichtig zu wissen: die Auskunfteien bewerten in jedem Fall die Branche – auch wenn das Unternehmen keine eigenen Informationen liefert.

Wie es gelingt die eigene Bonität des Betriebs zu optimieren und vor negativen Einflüssen aus der Branche zu schützen

Laut unserer beiden Experten ist es ratsam, mit dem verbesserten Rating von der Auskunftei plus den aktuellen Geschäftszahlen zu seinem Kreditgeber, seiner Hausbank zu gehen. Denn die Bank macht einmal im Jahr ebenfalls ein eigenes Rating. Die Grundlage ist immer einer der beiden Wirtschaftsauskunfteien. Möchte eine Handwerksfirma einen ersten Kredit aufnehmen, geht das meist problemlos, aber bei einem zweiten Kredit wollen die Banken meist immer mehr Auskunft über die Betriebssituation.

Gibt es Zahlungsprobleme, werden meist die Bewertungen der Auskunfteien hinzugezogen. Heute ist der Gang zur Bank oft der Pandemielage geschuldet, da finanzielle Reserven weggeschmolzen sind. Dazu gibt es im Handwerk momentan kein Problem mit der Auftragslage, sondern mit der Materialbeschaffung, um Aufträge fertigzustellen. Ein gut aufgestelltes Unternehmen weiß - laut Trimborn - über ihre Bewertung Bescheid, hat diese verbessert und weiß, was in dem Moment zu tun ist.

Welche Faktoren ein Bankenrating beeinflussen

Zum einen sind dies quantitative Faktoren: Bei einer GmbH wäre das zum Beispiel das Verhältnis Stammkapital zur Bilanzsumme. Ein Viertel der Bilanzsumme sollte mindestens haftendes Eigenkapital sein. Wächst das Unternehmen und mit den Investitionen steigt die Verschuldung, sollte das Eigenkapital auch entsprechend erhöht werden. Die Erhöhung der Verschuldung ohne Anhebung des haftenden Eigenkapitals kann das Rating deutlich verschlechtern – ohne, dass das Unternehmen das sofort bemerkt. Hans-Peter Trimborn empfiehlt an dieser Stelle eine Besprechung mit dem Steuerberater.

Desweiteren kommen in das Bankrating qualitative Faktoren hinzu: Dazu zählt unter anderem alles, was mit der Unternehmerpersönlichkeit zu tun hat. Wie wird das Unternehmen geführt, wie sichert der Unternehmer sich ab, was tut er für die Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Dabei sollte unbedingt auf die vollen Kompetenzen der Mitarbeiter eingegangen werden. Ein Meister hat zum Beispiel zusätzlich eine betriebswirtschaftliche Ausbildung, was vielleicht der Banker gar nicht weiß, da er kein detailliertes Wissen über den Ausbildungsweg hat. Darauf sollte hingewiesen werden. Alle Attribute, die den Betrieb ausmachen, werden so auf den Tisch gelegt. Bevor es in das Ratinggespräch mit den Banken geht, rät Trimborn unbedingt dazu, sich mit einer Fachkraft wie einem Steuerberater vorzubereiten.

Tipps der Experten

Zusammenfassend gilt es sich im Voraus eine Taktik zurechtzulegen: welche Vorteile bietet das Unternehmen? Welche Aussicht auf Erfolg hat das Unternehmen? Gut vorbereitet auf solche Themen kann man die Auskunfteien und die Kreditgeber überzeugen, einen positiven Scorewert bzw. Rating zu vergeben. Dafür müssen Handwerksbetriebe sich allerdings aktiv mit Scoregebern auseinandersetzen. Das ist gerade in diesem Jahr wichtig, da die Branchen wahrscheinlich durch die Folgen der Pandemie in den Bewertungen neu bewertet und ggfs. abgestuft werden.

Links:
https://marion-kenklies.de/
https://de.linkedin.com/in/hans-peter-trimborn-9b54501a7
https://www.xing.com/profile/HansPeter_Trimborn
https://www.youtube.com/channel/UClVt-UOsaQzAtTv2Ns6lM5w