Werden Solaranlagen bald flächendeckend zur Pflicht?
Vom Solar-Trend zur Solar-Pflicht: Auf was sich Handwerksbetriebe einstellen können und über die Pflicht von Solarenergie wissen müssen.
Was in fünf Bundesländern schon beschlossene Sache und in fünf weiteren schon in Vorbereitung ist, wird nun durch die Ampel-Parteien (aus SPD, Grünen und FDP) erneut auf Bundesebene diskutiert: Eine Pflicht für Solaranlagen bei bestimmten Gebäuden. Diese soll in Zukunft dazu beitragen, den Strom klimaneutraler zu erzeugen. Zuerst für gewerbliche Neubauten, dann für Private und letztendlich für Bestandsbauten. Auf das Handwerk kommen an der Stelle neue Aufgaben, Aufträge und Herausforderungen zu. Denn solarthermische- oder Photovoltaik Anlagen lassen sich nicht von Laien installieren. Hier sind Gewerke wie Elektro, SHK, Gerüstbau und Dachausbau.
Welche Aufgaben genau auf Handwerksunternehmen zukommen und was es um das Thema Solarpflicht zu wissen gibt, erfährst du im Folgenden.
Worum es bei einer Solarpflicht geht
Worin der Sinn und Zweck einer Pflicht gesehen wird
Wie ist der jetzige Stand bei der Solarenergie ist
In welchen Bundesländern gibt es bereits eine Solaranlagenpflicht gibt
Was die Solarpflicht für das Handwerk bedeutet: Mehr Arbeit und neue Aufgabenfelder.
Wo sie bereits in Planung ist
Worum es bei einer Solarpflicht geht
Auch genannt “Solare Baupflicht”. Bei dieser Regelung bestehen Kommunen sowie Bundesländer darauf, dass Eigentümer bei Neu- und Bestandsbauten photovoltaische oder solarthermische Anlagen verbauen. Hauptsächlich geht es hierbei um Photovoltaikanlagen (kurz PV-Anlagen), die auf Dächern, an Fassaden oder freien Flächen platziert werden können. Diese Technik gilt als umweltfreundlich und bei der Erzeugung von Strom als CO2-neutral, weshalb ihr bei der Energiewende eine große Rolle zugeschrieben wird.
Worin der Sinn und Zweck einer Pflicht gesehen wird
Die Pläne der Bundesregierung, bis ins Jahr 2045 klimaneutral zu werden und in den nächsten Jahren die gesetzten Klimaziele zu erreichen, erfordern schnell umgesetzte Maßnahmen. Dazu gehört auch der stetige Ausbau von Solarenergie auf deutschen Dächern oder freien ungenutzten Flächen, der mit der Solarpflicht vorangetrieben werden soll. Somit soll der Ausstoß von CO2 pro Jahr 60.000 Tonnen verringert werden. Gleichzeitig soll somit der Bruttostromverbrauch 80 % von erneuerbaren Energien abgedeckt sein.
Wie ist der jetzige Stand bei der Solarenergie ist
Auch ohne Pflicht stieg die Nachfrage im ersten Halbjahr 2021 bereits um 22 % laut Bundesnetzagentur.
Der Bundesverband Solarwirtschaft drängt allerdings auf noch mehr Tempo, wenn die angestrebten Klimaziele bis 2045 erreicht werden sollen. Grund dazu ist das Ziel, die Stromerzeugung durch Photovoltaik bis 2030 auf 200 Gigawatt zu erhöhen. Der erzeugte Strom aus PV-Anlagen liegt bisher bei rund 60 Gigawatt. In den kommenden neun Jahren ist deshalb ein Ausbau von 140 Gigawatt nötig. Umgerechnet werden so 3 - 4 Mal so viele PV-Anlagen wie bisher benötigt, um die steigende Stromnachfrage umweltfreundlich abzudecken. Dieser ergibt sich durch den Ausbau der Elektromobilität sowie dem Wegfall durch den Kohle- und Atomausstieg.
Was bisher noch den Ausbau bremst
Laut Handwerksverbänden wird der freiwillige Ausbau noch zu sehr durch hohe Komplexität bei der Steuergesetzgebung und der Beantragung von Förderanträgen gebremst. Da solle zuerst vereinfacht werden, bevor es zu einer Pflicht komme. Außerdem wird oft gefordert, durch Solaranlagen erzeugten Strom leichter für umliegende Abnehmer zugänglich zu machen, um einen weiteren Anreiz für eine PV-Anlage zu schaffen. Zudem gibt es noch andere Möglichkeiten für klimafreundlichen Strom wie Holz, Wasserstoff und Co, die mit der Solartechnik konkurrieren.
In welchen Bundesländern gibt es bereits eine Solaranlagenpflicht gibt
Baden Württemberg
Vorreiter ist Baden-Württemberg, das als erstes Bundesland eine umfassende Solarpflicht beschlossen hat. Ab Januar 2022 muss nun beim Bau von großen Parkplätzen, Gewerbeflächen und öffentlichen Gebäuden auf Solaranlagen geachtet werden. Ab Mai 2022 zählt das ebenfalls für private Bauvorhaben und mit dem 01. Januar 2023 selbst für Bestandsbauten falls eine grundlegende Dachsanierung ansteht.
Daneben haben bereits Berlin, Hamburg, Rheinland Pfalz und Nordrhein-Westfalen Gesetze zur besagten Pflicht von Solaranlagen abgesegnet. Jedoch hat jedes Bundesland für sich leicht veränderte Ausführungen. Gleich ist aber die Intention dahinter. Nämlich die Beachtung des überarbeiteten Klimaschutzgesetzes.
Berlin und Hamburg
In Berlin gilt diese Pflicht beispielsweise ab Januar 2023. Allerdings zählt sie für private Neubauten und grundlegenden Sanierungen von Bestandsbauten. In diesen Fällen muss eine Solarthermie- oder Photovoltaikanlage auf dem Dach beziehungsweise an der Fassade nachgewiesen werden.
Etwas anders sieht es in Hamburg aus. Hier greift die neue Regelung für Neubauten ab 2023. Für Bestandsgebäude allerdings erst ab 2025 und nur, wenn die Dachhaut vollständig erneuert wird.
Nordrhein Westfalen und Rheinland Pfalz
Nordrhein-Westfalen beginnt ab 2022 an einem anderen Punkt: Parkflächen. Ab Januar sollen Flächen, die 35 Stellplätze überschreiten, überdacht und mit Photovoltaikanlagen versehen werden. Doch nur, falls diese Parkplätze nicht zu Wohngebäuden gehören.
Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz hat sich dazu entschieden, eine Solarpflicht erst ab 2023 einzuführen. Auch hier wird an Parkplätzen ab 50 Stellplätzen begonnen, bei denen 60 % der Gesamtfläche mit Dach und PV-Anlage ausgerüstet sein müssen. Dazu greift die Regelung bei gewerblichen Neubauten. Dabei betont die Landesregierung, dass sich Bauherrn neben der PV-Anlage auch für eine Solarthermische Anlage entscheiden können.
Was die Solarpflicht für das Handwerk bedeutet: Mehr Arbeit und neue Aufgabenfelder
Eines ist klar, auf das Handwerk kommt jede Menge Arbeit zu. Gerade da die Nachfrage nach Solaranlagen ohnehin schon gestiegen ist und zum anderen, da viele Länder in den nächsten Jahren eigenmächtig auf eine Pflicht in bestimmten Fällen setzen. Dazu zeichnet sich eine bundesweite Regelung unter den “Ampel-Parteien” ab. Bereits jetzt arbeiten circa 450.000 Handwerksunternehmen in rund 30 Gewerken an der Umsetzung der Energiewende. Mit den vorgenommenen Klimazielen und der Solarpflicht kommen damit mehr Aufträge hinzu.
Gerade im Bereich Elektro und SHK bei der Umsetzung der PV- oder Thermietechnik. Daneben aber auch auf die Dachdecker, Zimmerer und Gerüstbauer, die die Rahmenbedingungen schaffen. Handwerksunternehmen sollten sich also in Zukunft auf mehr Aufträge aus dem Bereich Solar einstellen. Hierbei ist auch immer mehr die beratende Funktion der Betriebe gefragt, um Kunden bei Solartechnik und Klimaschutz optimal beraten zu können. Hierzu bieten bereits Verbände und Handwerkskammern Weiterbildungen an.
Kommt einen bundesweite Pflicht durch die neue Regierung?
Aus dem neuen Koalitionsvertrag geht hervor, dass SPD, Grüne und FDP sich auf eine Solarpflicht für Gewerbe-Neubauten festgelegt haben. Bei privaten Neubauten "soll es zur Regel werden“. Was das genau heißt, bleibt allerdings abzuwarten, da noch kein Gesetzesentwurf abgesegnet wurde. Vorlagen für eine bundesweite Pflicht gibt es wie oben gezeigt bereits in einigen Bundesländern. Auch wie genau die Ausbauziele in der Umsetzung erreicht werden sollen, bleibt der Koalitionsvertrag bisher schuldig.
Bisher kam von Grüner Seite der Vorschlag die Pflicht auf Neu- und Bestandsbauten anzuwenden und nur im Falle von Denkmalschutz oder Dachbegrünung Ausnahmen zu erteilen. Jedoch lässt sich aus dem Vertrag herauslesen, das zuerst die Genehmigungs- und Planungsverfahren für erneuerbare Energien vereinfacht werden sollen.
Wo sie bereits in Planung ist
Pläne für eine mögliche Solarpflicht arbeiten aktuell Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen, Bremen und Bayern aus.
Schleswig Holstein
Angefangen beim Bundesland Schleswig-Holstein, in dem die Landesregierung angekündigt hat, noch in diesem Jahr ein Beschluss zu fassen, der bereits im kommenden Jahr gelten soll. Das Landesministerium für Energiewende berichtet, dass PV-Anlagen verpflichtend bei Neubauten und Bestandsgebäuden, bei denen über 10 % der Dachfläche saniert wird, gelten sollen. Zudem für neue Parkflächen, die über 100 Stellplätze überschreiten.
Niedersachsen und Bremen
In Niedersachsen liegt ein Gesetzesentwurf zur Photovoltaikpflicht vor, der ab 2022 verabschiedet werden könnte. Dieser Entwurf betrifft neu gebaute Gewerbegebäude, bei denen die Dachfläche über 75 Quadratmeter überschreitet. Diese sind dann dazu verpflichtet, die Hälfte ihres Daches mit einer PV Anlage zu versehen. Hinzu kommt ein Verpflichtung, bei der Planung von Wohngebäuden eine Nachrüstung von Solaranlagen zu ermöglichen.
Der Stadtstaat Bremen geht dies möglicherweise pragmatischer an. Hier liegt der Bürgerschaft (gleichbedeutend wie der Landtag in anderen Ländern) ein 2020 verabschiedetes Gesetz vor, das eine Solarpflicht für alle Neubauten geltend macht. Außerdem zählen Bestandsbauten dazu, bei denen umfassende Sanierungen anstehen. Zwar ist das Gesetz wie bereits erwähnt beschlossen, allerdings noch nicht in Kraft getreten.
Sachsen und Bayern
So konkret ist es in Sachsen noch nicht. Das sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft teilt bisher mit, dass man sich noch in einem Meinungsbildungsprozess befinde, sich allerdings vorgenommen habe, Möglichkeiten zur Solarpflicht zu prüfen. Als Möglichkeiten zählen PV-Anlagen auf größeren Parkflächen und Dächern.
Oft in der Diskussion aber noch nie konkret umgesetzt, ist eine Solarpflicht in Bayern. Bereits 2021 sollte eine PV-Pflicht für Gewerbegebäude kommen, die 2022 auf private Bauten ausgeweitet werden sollte. Doch aus den Plänen wurden letztendlich nichts. Jedoch wird diese Pflicht in der Koalition noch diskutiert und ist somit noch nicht vom Tisch.